Subkommission Klinik (SKK) der Eidg. Kommission für Aids-Fragen (EKAF)
Antiretrovirale HIV-Therapie: Empfehlungen 1998
(Bulletin des Bundesamtes für Gesundheit 1998;44, 5-9, 26. Oktober 1998)
Einleitung
Im Mai 1997 hat die Subkommission Klinik (SKK) der Eidg. Kommission für AIDS-Fragen (EKAF) letztmals Empfehlungen zur Behandlung der HIV-Infektion bei Erwachsenen publiziert (1). Als Therapiestandard wurde damals eine Kombination von drei Medikamenten, in der Regel mit zwei Nukleosid-Reversetranskripase-Inhibitoren (NRTI) und einem Proteaseinhibitor (PI) definiert. In der Zwischenzeit sind die Erfahrungen mit diesen Medikamentenkombinationen gewachsen und es hat sich gezeigt, dass das Konzept von Kombinationstherapien zu einer eindrücklichen Verminderung der Morbidität und Letalität der HIV-Infektion geführt hat. Entsprechende Daten wurden auch in der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie erhoben und publiziert (2). Neben diesen eindrücklichen Erfolgen sind aber auch Schwierigkeiten bei der Durchführung dieser Therapien und Probleme mit den Medikamenten aufgetreten. Mit der Einführung des ersten Nichtnukleosid-Reverse- transkriptase Inhibitors (NNRTI) wurde zudem eine neue Substanzklasse im klinischen Alltag verfügbar. Damit ergeben sich neue Behandlungsmöglichkeiten, aber auch neue Fragen. Diese und andere Änderungen machen die Überarbeitung der Empfehlungen notwendig.
Die Einleitung und Durchführung einer antiretroviralen Therapie (ART) ist heute wesentlich komplexer geworden. Es ist nicht mehr möglich, mit einer einfachen Empfehlung detailliert anzugeben, in welcher Situation welche Substanzen in welcher Kombination und Reihenfolge zu verwenden sind. Deshalb werden in diesen Empfehlungen anhand von Leitsätzen die wesentlichsten Aspekte und Probleme einer antiretroviralen Therapie aufgezeigt.
Die SKK ist der Ansicht, dass zur Einleitung und Änderung einer ART ein/e HIV- Spezailist/in* konsiliarisch beigezogen werden sollte. Dieser verfügt über das notwendige Spezialwissen, das garantiert, dass die zum jeweiligen Zeitpunkt optimale Therapie gewählt wird, und dass der Patient von den aktuellsten Erkenntnissen profitieren kann. Die Spezialisten sollen in einer kollegialen Zusammenarbeit mit den praktizierenden Ärzten ihre Hilfe anbieten. Das Ziel dieser intensiven Zusammenarbeit ist eine möglichst optimale Therapie aller HIV-infizierten Patienten.
* Im folgenden Text wird wegen der besseren Lesbarkeit nur noch die männliche Form verwendet. Darin eingeschlossen sind Spezialöistinnen und Spezialisten, Patientinnen und Patienten usw.
In Tabelle 1 werden in zehn Leitsätzen die wichtigsten Aspekte einer antiretroviralen Therapie umrissen.
Therapie beeinflussende Faktoren:
Im Folgenden werden einige wichtige Faktoren, die bei der Einleitung und Durchführung einer antiretroviralen Therapie von Bedeutung sind, diskutiert:
Indikation / Zeitpunkt des Therapiebeginns: Zur Bestimmung des optimalen Zeitpunkts zur Therapieeinleitung sind folgende Faktoren zu berücksichtigen: die Kenntnis der Dynamik des Krankheitsverlaufes beim individuellen Patienten, die Bereitschaft des Patienten zur Therapie, die voraussichtliche Therapietreue ("adherence to therapy"), sowie die potentiellen Langzeit-Nebenwirkungen. Es ist zu beachten, dass mit den heute zur Verfügung stehenden Therapien keine Erradikation des Virus erreicht werden kann. Bei Berücksichtigung dieser Faktoren kann unter Umständen bei einem bestimmten Patienten das Zuwarten mit der Therapieeinleitung sinnvoll sein. Obwohl der optimale Zeitpunkt der Therapieeinleitung, abgesehen von wenigen Situation, nicht definiert ist, geben die Tabelle 2 und Tabelle 3 Hinweise zum Zeitpunkt des Therapiebeginns.
Rationale für eine antiretrovirale Therapie
Grundsätzlich ist mit dem Nachweis einer HIV-Infektion die Indikation für die Einleitung einer antiretroviralen Therapie gegeben. Die modernen Kombinationstherapien haben eindrückliche Erfolge in der Verminderung von Morbidität und Letalität, in der Verhinderung der weiteren Progression und in der Verbesserung der Immunität - vor allem bei fortgeschrittenen Stadien - gezeigt. Eine Folge davon ist, dass die HIV-bedingten Hospitalisationen eindeutig zurückgegangen sind.
Neben der Höhe der CD4 Werte und damit des Grades der Immundefizienz ist der viral load die für Prognose und Progression die entscheidende Grösse (4). Je höher der viral load ist, desto schneller verläuft die HIV-Infektion. HIV zerstört die CD4- positiven Zellen und die Architektur des lymphatischen Gewebes. Dies führt zur progredienten Immundefizienz. Mit Hilfe der antiretroviralen Therapie muss die virale Replikation möglichst effizient unterdrückt werden, damit eine weitere Zerstörung des Immunsystems verhindert werden kann. Mit Hilfe der modernen Kombinationstherapien gelingt es, die HIV-Vermehrung weitgehend zu unterdrücken, was zu einer Stabilisierung respektive Erholung der CD4-Zellen und damit des Immunsystems führt. Unter einer vollständigen Suppression der Virusreplikation werden keine neuen Resistenzmutationen mehr beobachtet.
Wahl der Medikamente
Es stehen zur Zeit drei verschiedene Substanzklassen zur Verfügung: 1. Nukleosid Reverse Transkriptase Inhibitoren (NRTI) (z.B.: Zidovudin [AZT], Stavudin [d4T], Didanosin [DDI], Lamivudin [3TC], Zalcitabin [DDC], Abacavir*); 2. Nichtnukleosid Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI) (z.B.: Nevirapin, Efavirenz*, Delavirdin*); 3. Proteaseinhibitoren (PI) (z.B.: Indinavir, Nelfinavir, Ritonavir, SaquinavirSGC*). (*= zur Zeit in der CH noch nicht registriert)
Um eine möglichst weitgehende Suppression der viralen Replikation zu erreichen, wird in der Regel eine Kombination von mindestens drei Medikamenten aus mindestens zwei verschiedenen Substanzklassen gewählt, d.h. ein oder zwei NRTI, ein oder zwei PI und/oder ein NNRTI. Kombinationen ohne NRTI sind noch nicht genügend erprobt. Die Wahl der einzelnen Substanzen wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie Begleitmedikation oder - pathologie (Interaktionen und Nebenwirkungen), Dosierungsintervall (Berufstätigkeit), spätere Therapieoptionen (Kreuzresistenz) u. a.
Es gibt zur Zeit keine klaren Richtlinien, in welchen Situationen ein Regime mit oder ohne PI resp. mit oder ohne NNRTI gewählt werden soll. Allerdings gibt es bezüglich klinischer Wirksamkeit für die Kombinationen mit einem PI publizierte Langzeitdaten. Einige mögliche Vor- und Nachteile der beiden Substanzklassen sind in Tabelle 4 aufgeführt.
Die eingesetzte Kombinationstherapie muss zu einem schnellen Absinken der Virusmenge führen und sollte in jedem Fall nach 12 Wochen unter 400 und nach 24 Wochen unter 50 RNA Kopien/ml liegen. Wenn dieses Ziel nicht erreicht wird, muss von einem Therapieversagen gesprochen werden (siehe Tabelle 5). Der Erfolg der antiretroviralen Therapie ist mittels regelmässigen Kontrollen der Virusmenge (mindestens dreimonatliche Bestimmungen) und der CD4-Lymphozyten (in der Regel alle 3 - 6 Monate) zu überprüfen.
Mögliche Kombinationen:
Theoretisch lassen die verschiedenen antiretroviralen Medikamenten eine grosse Zahl von Kombination zu, doch nicht alle sind zulässig. Beispiele für etablierte oder zur Zeit untersuchte Kombinationen sind: 1. 1 PI und 2 NRTI; 2. 1 NNRTI und 2 NRTI; 3. 2 PI mit 1 oder 2 NRTI; 4. 1 PI und 1 NNRTI mit 1 oder 2 NRTI; und 5. 3 NRTI. Die besten Langzeitergebnisse liegen für die Kombination von 1 PI und 2 NRTI vor.
Folgende Medikamente können in einer
täglichen Einmaldosis verabreicht werden: Efavirenz, ddI, Nevirapin,
ev. 3TC.
Nelfinavir und die Kombination Ritonavir
+ Saquinavir werden zweimal täglich dosiert.
Folgende Therapieoptionen/ -kombinationen werden nicht empfohlen:
Ein grosser Teil der behandelten Patienten tolerieren eine antiretrovirale Kombinationstherapie subjektiv relativ gut und weisen höchstens geringe, meistens gastrointestinale Nebenwirkungen auf. Häufig nehmen diese subjektiven Nebenwirkungen mit zunehmender Therapiedauer ab. Es gibt Patienten, die gewisse Substanzen nicht tolerieren und bei denen aus diesem Grund die Therapie geändert werden muss. Wenn Probleme mit der Verträglichkeit auftreten, die zum Absetzen der Therapie zwingen, dann müssen alle Medikamente der Kombination miteinander abgesetzt werden. Das Absetzen einer einzelnen Substanz und die Weiterführung der anderen Substanzen ist bezüglich der Wirksamkeit suboptimal und kann zur beschleunigten Resistenzentwicklung führen.
Neben den subjektiven Nebenwirkungen sind auch potentielle Laborveränderungen zu beachten. AZT kann zu relevanten Anämien und Neutropenien, zu Erhöhung der Muskelenzyme und selten zu einer schweren Lactazidose führen. DDI kann eine Pankreatitis verursachen und d4T eine periphere Polyneuropathie bewirken. Eine Hepatotoxizität oder Niereninsuffizienz können unter den PI enthaltenden Kombinationstherapien beobachtet werden. Dementsprechend sind periodische Kontrolle der wichtigsten Laborparametern indiziert.
Bei den Proteaseinhibitoren enthaltenden Kombinationstherapien werden zunehmend Störungen des Fettstoffwechsels beobachtet. Es kommt zu Erhöhung der Triglyceride und des Cholesterins, sowie zum Abfall des HDL-Cholesterins. Die längerfristigen Auswirkungen dieser Veränderungen können zur Zeit noch nicht abgeschätzt werden. Allerdings besteht der Verdacht, dass es unter den PI gehäuft zu kardiovaskulären Komplikationen (z.B. akuter Myokardinfarkt) kommen dürfte. Die Einnahme von lipidsenkenden Medikamenten kann heute noch nicht generell empfohlen werden, insbesondere wegen der potentiellen Interaktionen mit den PI. Neben diesen Veränderungen werden unter den PI auch Fettumverteilungen bis zu ausgeprägten Lipodystrophien beobachtet. Die Häufigkeit dieser Komplikationen scheint in verschiedenen untersuchten Kollektiven unterschiedlich zu sein, geht aber bis zu einer Grössenordnung von über 60% (5). Eine Erhöhung des Blutzuckers bis zum manifesten Diabetes mellitus wird ebenfalls beobachtet. Bei Patienten unter einer PI-Therapie muss deshalb regelmässig der Blutzucker überprüft werden. Der auslösende Mechanismus dieser Stoffwechselstörung ist noch unklar.
Da die Proteaseinhibitoren und NNRTI erst
seit relativ kurzer Zeit im breiten Ausmass eingesetzt werden, ist es nicht
ausgeschlossen, dass weitere, seltene Nebenwirkungen auftreten könnten.
Der behandelnde Arzt muss deshalb im Interesse des Patienten sicherstellen,
dass er die entsprechenden Informationen erhält.
Schlussfolgerungen:
Die moderne antiretrovirale Therapie ist sehr wirksam und hat zu einer eindrücklichen Senkung der HIV-bedingten Morbidität und Letalität geführt. Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre haben aber gezeigt, dass die Durchführung einer antiretrovirale Kombinationstherapie komplex ist und verschiedenste Faktoren zu berücksichtigen sind. Die Empfehlungen beschränken sich auf Therapien bei optimalen Voraussetzungen, welche im individuellen Fall häufig nicht vorhanden sind. Diese Situationen sind zu komplex, als dass sie in einer kurzen Übersicht behandelt werden könnten. Trotzdem sollte die initiale antiretrovirale Therapie erfolgreich sei, da nur die erste Therapie eine wirklich gute Chance für eine maximale Wirksamkeit hat. Es ist deshalb sinnvoll, sowohl zur Therapieeinleitung, im Fall von Nebenwirkungen (Interaktionen) oder bei allfälligen Therapieänderungen mit einem spezialisierten Zentrum Rücksprache zu nehmen.
Die Bedeutung der "adherence to therapy" (oder Therapietreue) kann nicht genügend unterstrichen werden. Es müssen unbedingt alle verschriebenen Medikamente lückenlos eingenommen werden. Lieber keine Therapie als die Gefahr einer ungenügenden "adherence to therapy" (siehe Tabelle 6). Patienten dürfen nicht zu einer Therapie überredet oder sonstwie unter Druck gesetzt werden. Der Entscheid eines Patienten gegen eine Therapie ist zu akzeptieren.
Es sei zusätzlich auf die amerikanischen und britischen Empfehlungen zur antiretroviralen Therapie verwiesen, die etwas ausführlicher sind und zudem pathogenetische Hintergrundinformationen enthalten (6, 7, 8).
Im weiteren sei darauf hingewiesen, dass antiretrovirale Substanzen zur Postexpositions- prophylaxe nach einer HIV-Exposition (z.B. ungeschützter Geschlechtsverkehr mit einem HIV-positiven Partner oder Nadelstich mit einer HIV-kontaminierten Nadeln) und zur Verhütung der vertikalen Transmission bei HIV-positiven schwangeren Frauen eingesetzt werden. Für diese Situationen existieren spezielle Empfehlungen (9, 10, 11).
Trotz aller Erfolge der modernen antiretroviralen Behandlungen bringen sie keine Heilung von HIV. Auch erfolgreich behandelte Patienten sind weiterhin potentiell infektiös und können bei entsprechenden ungeschützten Expositionen andere Menschen anstecken. Die präventiven Schutzmassnahmen (Kondome, saubere Spritzen) müssen auch von Patienten unter einer antiretroviralen Therapie konsequent beachtet werden.
Die antiretrovirale Therapie schützen
nur indirekt über die Verbesserung des Immunsystems vor HIV-assoziierten,
opportunistischen Infektionen. Bei tiefen CD4-Werten sind auch unter einer
antiretroviralen Therapie die adäquaten primären und sekundären
Prophylaxen durchzuführen (Pneumocystis carinii Pneumonie, Toxoplasmose
etc.).
Hauptautoren: J. Jost, M. Flepp,
P Vernazza, M. Battegay, L. Kaiser, R. Weber, E. Bernasconi
Subkommission Klinik (SKK) der eidgenössischen
Kommission für Aidsfragen (EKAF), Mitglieder und Experten: PD
Dr M. Battegay, Basel, Dr H. Binz, Solothurn, Dr E. Bernasconi, Lugano
(Vorsitz), Dr M. Flepp, Zürich, Prof P. Francioli, Lausanne, Prof
B. Hirschel, Genf, Dr J. Jost, Zürich, Frau Dr C. Kamber (BAG), Prof
R. Lüthy, Zürich, PD Dr R. Malinverni, Bern, Dr L. Matter, Bern,
PD Dr Ch. Rudin, Basel, PD Dr. A. Telenti, Lausanne, Dr P. Vernazza, St
Gallen.
Abkürzungen:
CD4: |
CD4 Rezeptor positive T Lymphozyten (Helferzellen) |
EKAF: |
Eidgenössische Kommission für AIDS-Fragen |
NNRTI: |
Nichtnuklesoid Reversetranskriptase Inhibitor |
NRTI: |
Nukleosid Reversetranskriptase Inhibitor |
PI: |
Protease Inhibitor |
SKK: |
Subkommission Klinik der EKAF |
viral load (VL): |
RNA-Kopien im Blut, Viruskonzentration |
HIV-Behandlungszentren
Basel |
Medizinische Poliklinik, Kantonsspital, 4031 Basel, |
Bern |
Medizinische Poliklinik, Inselspital, 3010 Bern, |
Genf |
Division des Maladies Infectieuses, HCUG, 1211 Genf, |
Lausanne |
Division des Maladies Infectieuses, CHUV, 1011 Lausanne, |
Lugano |
Ambulatorio di malattie infettive, Ospedale Civico, |
St. Gallen |
Infektiologische Sprechstunde, Kantonsspital |
Zürich |
Sprechstunde der Abteilung Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, Universitätsspital, 8091 Zürich, |
Im Grundsatz ist mit der Diagnose einer HIV-Infektion die Indikation für eine antiretrovirale Therapie gegeben. Allerdings wird der Zeitpunkt des Therapiebeginns durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Eine antiretrovirale Therapie besteht in der Regel aus einer Kombination von mindestens drei antiretroviral aktiven Substanzen. Die Wahl der Substanzen für die erste Kombinationstherapie beeinflusst die Wahlmöglichkeiten für eine zweite, spätere Kombination. Die Chancen eines Behandlungserfolges sind beim ersten Therapieversuch am besten. Jede folgende Therapiekombination wird durch die sich entwickelten Resistenzmutanten eingeschränkt und hat ein geringeres Erfolgspotential. Die Durchführung einer antiretroviralen Therapie ist zunehmend komplexer geworden. Sie setzt die Kenntnis der möglichen medikamentösen Interaktionen (insbesondere bei den NNRT-Inhibitoren und den Protease-Inhibitoren) und der Nebenwirkungen und voraus. Resistenzentwicklungen sind häufig. Substanzen der einzelnen Substanzklassen sind unter sich unterschiedlich kreuzresistent; unter den NNRT-Inhibitoren besteht eine vollständige, bei den Protease-Inhibitoren eine weitgehende Kreuzresistenz. Die Einleitung und Durchführung einer antiretroviralen Therapie ist zeitintensiv und bedingt eine optimale ärztliche Information und eine gute Arzt - Patienten Beziehung. Entscheidend für den Therapieerfolg ist die Bereitschaft des Patienten zur vollständigen und lückenlosen Einnahme der verschriebenen Dosen ("adherence to therapy"; Compliance). Eine wichtige Voraussetzung dazu ist das Verständnis der Zusammenhänge zwischen unvollständiger "adherence to therapy" und Resistenzentwicklung. Die Wirksamkeit einer antiretroviralen Therapie wird durch periodische Bestimmungen der HIV-RNA Konzentration im Plasma und der CD4 Lymphozyten im Blut bestimmt. Eine wirksame antiretrovirale Therapie sollte die HIV-Replikation in allen Kompartimenten weitgehend unterdrücken. Eine optimale Wirkung liegt vor, wenn die HIV-RNA Konzentration im Blut rasch und anhaltend unter einen Wert von 50 Kopien/ml Blut sinkt. Dies führt langfristig zu einer weitgehenden Rückbildung des Immundefekts und damit zur Reduktion der HIV-assoziierten Morbidität und Letalität. Die antiretroviralen Therapien werden laufend verändert und verbessert. Patienten sollten motiviert werden, sich an klinischen Studien zur Therapieoptimierung zu beteiligen. |
Tabelle 2: Empfehlungen zum Therapiebeginn
klinisches Stadium |
Prognostische Parameter |
Empfehlung |
Akute HIV-Infektion |
nicht zu beachten |
Behandlung dringend indiziert bei guter "adherence to therapy" |
Asymptomatische HIV-Infektion |
CD4 <500* oder |
Behandlung indiziert |
HIV-assoziierte Erkrankung |
nicht zu beachten |
Behandlung indiziert |
* Die angegebenen Zahlen sind flexible Richtwerte. Es gibt Experten, die die Limite bei tieferen CD4 und höherem VL ansetzen (12). Grundsätzlich sprechen tiefe, resp. fallende CD4-Werte und hohe, resp. steigende Virämie für die Einleitung der antiretroviralen Therapie.Tabelle 3: Vor- und Nachteile eines frühen Beginns einer antiretroviralen Therapiebeim individuellen, asymptomatischen, HIV-infizierten Patienten
Mögliche Vorteile
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Tabelle 4: Vor- und Nachteile einer Kombination mit einem Protease- bzw. NNRT- Inhibitor
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Mögliche Vorteile |
Mögliche Nachteile |
Protease-Inhibitoren |
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GIT-Nebenwirkungen |
NNRT-Inhibitoren |
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Virussuppression |
Tabelle 5: Therapieversagen
Definitionen:
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Indikationen für einen Therapiewechsel:
Interaktion mit (neuer) Komedikation |
Vorgehen bei Therapieversagen:
Protease-Inhibitor |
Tabelle 6: Grundsätze zur "adherence to therapy" (Therapietreue):