Lopinavir/Ritonavir (Kaletra®)

Einleitung

Lopinavir (LPV, ABT-378 (Aluviran®), bzw. ABT-378/r = Lopinavir/Ritonavir, Handelsnamen Kaletra® und Aluvia™, Hersteller: Abbott) gehört zur Klasse der antiretroviralen Substanzen die Protease-Inhibitoren genannt werden. Weitere Substanzen dieser Klasse sind Amprenavir, Atazanavir, Darunavir, Indinavir, Nelfinavir, Ritonavir, Saquinavir und Tipranavir. Die Wirkungsweise dieser Substanzen besteht in der Hemmung eines viruseigenen Enzyms, der HIV-Protease. Die Blockierung dieser "Eiweiss-Schere" führt zu unreifen, nicht-infektiösen Viren, d.h. sie können keine weiteren Zellen mehr infizieren. Protease Inhibitoren verhindern deshalb bei HIV-infinzierten Personen neue Infektionszyklen. Zwischen den bisher zugelassenen Proteaseinhibitoren besteht eine weitgehende Kreuzresistenz; d.h. gegen Viren, die auf die eine Substanz unempfindlich geworden sind nützen auch die anderen Medikamente dieser Substanzklasse nichts mehr, oder zumindest nicht mehr zuverlässig.

Lopinavir/r ist in der Schweiz seit dem 15.01.2001 zugelassen und kassenpflichtig zur Behandlung der HIV-Infektion bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Monaten.

Protease Inhibitoren werden vorzugsweise zusammen mit zwei Nukleosidanaloga RT-Hemmern eingesetzt. Im Idealfall handelt es sich um drei neue Substanzen, mit denen eine Person noch nie zuvor behandelt wurde. Bei vorbehandelten Personen ist dies nicht immer möglich. In diesem Fall sollte ein Therapiewechsel mindestens zwei neue Substanzen ohne Kreuzresistenz umfassen mit denen die Person noch nie zuvor behandelt wurde. Die Zugabe lediglich einer neuen Substanz zu einer unbefriedigenden Therapie führt zur Entwickung von Resistenzen und ist zum Scheitern verurteilt.

Resultate von Studien

Lopinavir ist ein peptidomimetischer Proteaseinhibitor mit in vitro 10-facher Potenz von Ritonavir. Pharmakokinetische Studien an Tieren zeigten  - aufgrund einer raschen Metabolisierung via CYP3A-System - eine bescheidene Bioverfügbarkeit. Die Hemmung dieses Systems durch die  gleichzeitige Verabreichung von geringen Dosen Ritonavir (r) hingegen führte bei gesunden Probanden zu einer 50-100fach erhöhten Bioverfügbarkeit und einer Serumhalbwertszeit von ca. 24 Stunden. Bei einer zweimaltäglichen Dosierung liegen die Plasma-Talspiegel 25-100-fach über der EC50.

In der Studie M97-720 wurde eine erste Gruppe von 32 bisher unbehandelte PatientInnen während der ersten drei Wochen entweder mit Lopinavir/r 2 x 200/100mg/d oder 2 x 400/100mg/d und danach zusätzlich mit  Stavudin/Lamivudin (d4T, Zerit®/3TC, 3TC®) behandelt. Nach sechs Behandlungsmonaten wiesen 24/27 (89%) PatientInnen, die diesen Messpunkt erreicht hatten <50 HIV-1 RNA Kopien/ml auf und der durchschnittliche Anstieg der CD4-Zellen betrug 169 Zellen/mm3.
In einer zweiten Gruppe wurden 69 bisher unbehandelte PatientInnen ab Tag 1 mit obengenannten Kombinationen (Lopinavir/r 2 x 400/100mg/d oder 2 x 400/200mg/d & d4T & 3TC) behandelt. Nach sechs Behandlungsmonaten wiesen 60/63 (95%) PatientInnen, die diesen Messpunkt erreicht hatten <400 HIV-1 RNA Kopien/ml auf und der durchschnittliche Anstieg der CD4-Zellen betrug 158 Zellen/mm3.
Nach 48 Wochen erhielten alle TeilnehmerInnen offen Lopinavir/r 2 x 400/100mg/d. Nach 5 Jahren (252 Wochen) wiesen 64% der PatientInnen (ITT NC=F) einen viral load von < 50 HIV-1 RNA-Kopien/ml auf und der CD4-Zellanstieg betrug 510 Zellen/mm3.  

In der Studie M98-863 wurden 653 bisher unbehandelte PatientInnen mit einem viral load von 80‘000 HIV.1 RNA-Kopien/ml und 259 CD4-Zellen/mm3 doppelblind entweder mit Lopinavir/r (2 x 400/100mg/d) oder Nelfinavir (3x 750mg/d bzw. 2 x 1250mg/d) zusammen mit Stavudin/Lamivudin (d4T, Zerit®/3TC, 3TC®) behandelt. Nach 60 Wochen wiesen 64 bzw. 52% der StudienteilnehmerInnen einen viral load < 50 HIV-1 RNA-Kopien auf. Der CD4-Zellanstieg in der Lopinavir/r-Gruppe betrug im Mittel 265 und in der Nelfinavir-Gruppe 198 Zellen/mm3.

In der Studie AI424-043 wurden 300 PatientInnen mit einem Therapieversagen (HIV-RNA >1000 Kopien/ml) unter einer PI-haltigen Therapiekombination und mindestens 50 CD4-Zellen entweder mit Atazanavir 400mg/d (Reyataz®) oder mit Lopinavir/r und zwei aufgrund der Vorbehandlung und den Ergebnissen von Resistenztests frei wählbaren Nukleosidanalogen RT-Hemmern behandelt. Die Einnahme von Tenofovir war nicht erlaubt; nachträglich durchgeführte Resistenztests in vor Therapiebeginn entnommenen Blutproben ergaben einen geringen Vorteil für Lopinavir/r (86% der mit LPV/r behandelten Stämme waren auf LPV/r sensibel im Vergleich zu ATV mit 72%). Nach 24 Behandlungswochen zeigte die mit LPV/r behandelte Grupppe einen um 0.3log tieferen Viral Load und der Prozentsatz derjenigen StudienteilnehmerInnen mit einem nicht nachweisbaren Viral Load (<50 HIV RNA Kopien/ml) war ebenfalls grösser (54% vs 38%). Der Anstieg der CD4-Zellen war in der LPV/r-behandelten Gruppe um 25 Zellen grösser. Fettstoffwechsel-Parameter wie Cholesterin und Triglyzeride besserten sich unter ATV während diese durch LPV/r ungünstig beieinflusst wurden. 

In der Studie AI424-045 wurden 358 PatientInnen mit virologischen Versagen unter mindestens zwei verschiedenen Therapiekombinationen und Resistenzen gegen mindestens eine Substanz aus jeder Medikamentenklasse in drei offene Behandlungsarmen randomisiert auf: a) Atazanavir 1 x 300 mg/d & Ritonavir 1 x 100 mg/d, b) Atazanavir 1 x 400 mg/d & Saquinavir 1 x 1200 mg/d [cave: resultiert in ungenügenden SQV-Talspiegeln!] und c) Lopinavir/r 2 x 400/100 mg/d. Nach zwei Wochen wurden die intial beibehaltenen "alten" zwei Nukleosidanaloga durch Tenofovir und ein "neues" Nukleosidanalogon ersetzt. Nach 48 Behandlungswochen zeigten die virologischen Ergebnisse für die ATV/SQV-Gruppe einen Abfall des Viral Loads von lediglich 1.55 log während sie für die ATV/r-Gruppe 1.93 und für die LPV/r-Gruppe 1.87 (Differenz 0.13 log, 97.5% CI -0.12, 0.39). Der Anteil der PatientInnen mit nicht nachweisbaren Viral Load (<50 HIV RNA-Kopien/ml) nach 48 (24) Wochen betrug in der ATV/r-Gruppe 38% (42%), in der LPV/r-Gruppe 46% (39%) und in der ATV/SQV-Gruppe 26% (23%). Der Unterschied in der Zeit bis zum Verlust der Wirksamkeit (time to loss of virological response, TLOVR, die damals neue FDA-Standardanalyse) für ATV/r vs LPV/r betrug -8% (95% CI -20.4-4.4.) was besagt, dass sich kein bedeutsamer Unterschied nachweisen liess. Der Anstieg der CD4-Zellen unter ATV/r und LPV/r war vergleichbar (+120 bzw. +121 Zellen), unter ATV/SQV hingegen geringer (+72 Zellen). Unter ATV/r sanken Cholesterin, LDL-Cholesterin und Trigylzeride; unter LPV/r kam es zu einem Anstieg dieser Parameter mit einem signifikanten Unterschied bei den Triglyzeriden. 8% der PatientInnen unter ATV/r und 19% der PatientInnen unter LPV/r erhielten Lipidsenker. Hauptnebenwirkung von LPV/r war eine Diarrhoe (11% vs 3%), unter ATVr ein Anstieg des Bilirubins (Grad 3/4 bei 49%  vs 1%). Eine Gelbsucht wurde bei 6% der PatientInnen diagnostiziert, ein Sklerenikteruis bei 3%. Bei keinem der StudienteilnehmerInnen kam es deswegen zu einem Behandlungsabbruch. Bezüglich der Transaminasen zeigten sich keine Unterschiede.

In der offenen prospektiv randomisierten Studie (418) erhielten 115 bisher unbehandelte PatientInnen LPV/r als Einmaldosis (800/200mg) und 75 in der Standarddosierung von 2x 400/100mg/d zusammen mit Tenofovir (TDF) und Emitricitabine (FTC). Nach drei Behandlungswochen wurden bei einem Teil der StudienteilnehmerInnen die Lopinavir-Blutkonzentrationen bestimmt. Dabei fanden sich bei den mit einer Einmaldosis -Behandelten tiefere Talspiegel und infolgedessen auch tiefere (49 im vgl zu 94) inhibitorische Quotienten [Talspiegel: IC50% (notwendige Konzentration zu 50iger-Hemmung von 50%)], eine vergleichbare Konzentration über der Zeit (AUC) und höhere Spitzenspiegel. Der Viral  Load-Abfall nach 4 Behandlungswochen war nicht unterschiedlich (2.1 bzw. 2.0 log). Nach 48 Behandlungswochen war der Anteil der StudienteilnehmerInnen mit einem viral load <50 HIV RNA-Kopien/ml in beiden Gruppen nicht unterschiedlich (ITT 70% vs 64%, Unterschied 6.4%, 95% CI  -7.3%, 20.1%) und die CD4-Zellen waren jeweils um 185 bzw.188 Zellen/ul angestiegen. In der Einmaldosis-Gruppe beendeten 19% (12% wegen Nebenwirkungen) der Studienteilnehmerinnen die Studie vor der Woche 48 und in der Standarddosisgruppe waren es 25% (5% wegen Nebenwirkungen). Eine Diarrhie (>6 Stuhlentleerungen pro Tag) war häufiger unter einer einmaltäglichen Dosierung (16% vs 5%, p=0.04).

In der prospektiv randomisierten Artemisstudie (Phase III, non inferiority study) wurden 689 bisher unbehandelte PatientInnen während 48 (96) Wochen entweder mit Darunavir/r 1x 800/100 mg/d oder Lopinavir/r (1x 800/200 mg/d oder 2x 400/100mg/d, zT mit LPV-Kapseln, zT mit LPV-Tabletten) zusammen mit Tenofovir + Emtricitabin behandelt. Nach 48 (96)  Behandlungswochen wiesen 84% (79%) der mit Darunavir und 78% (71%) der mit Lopinavir behandelten PatientInnen einen viral load von weniger als 50 RNA Kopien/ml auf. 

In den beiden identischen prospektiv randomisierten Studien SWITCHMRK I und II (Protokoll 032 und 033) wurden zusammen 699 PatientInnen mit einem viral load <50 Kopien/ml
(PCR) oder <75 Kopien/ml (bDNA) seit mindestens drei Monaten unter einer Lopinavir/r (LPV/r) -enthaltenden Kombinationstherapie auf Raltegravir umgestellt oder mit LPV/r weiterbehandelt. Die Begleitmedikation - mindestens zwei NRTI's, keine PI - wurde unverändert beibehalten. Nach 24 Behandlungswochen lag der viral load bei 87% und 81% (Protokoll 032) bzw. 94% und 88% (Protokoll 033) der StudienteilnehmerInnen unterhalb der Nachweisgrenze von 50 HIV1 RNA-Kopien/ml. Bei einer Differenz von -6.6%. bzw. 5.8% wurden in beiden Studien das vorabdefinierte Kriterium für eine Nicht-Unterlegenheit von Raltegravir im Vergleich zu Lopinavir/r verfehlt.
Ein Therapieversagen mit einem viral load bestätigt >400 Kopien/ml (viral load bestätigt >50 Kopien/ml) fand sich in beiden Studien kombiniert unter Raltegravir bei 12 (32), und unter LPV/r bei 4 (17) StudienteilehmerInnen. 84% der PatientInnen mit Therapieversagen (viral load bestätigt >50 Kopien/ml) unter Raltegravir nahmen zum Zeitpunkt der Randomisierung nicht ihre erste Kombinationstherapie ein und 66% hatten bereits früher ein Therapieversagen.
Unter Raltegravir im Vergleich zu LPV/r besser war das Lipidprofil. Nach dem Wechsel auf Raltegravir sanken die Triglyceride um mehr als 40%, das Nüchtern-Cholesterin um gut 12% und das Nicht HDL-Cholesterin um 15%. Unbeeinflusst blieben HDL- und LDL-Cholesterin. Die Tolerabilität war gut; schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Resistenz

Eine verminderte Empfindlichkeit von Lopinavir basiert üblicherweise auf Mutationen an den Aminosäuren-Positionen 10, 20, 24, 46, 53, 54, 63, 71, 82, 84 und 90. Eine phänotypisch verminderte Empfindlichkeit bzw. klinisch geringe Erfolgschancen liegen vor, wenn Aminosäure-Substitutionen an 6 und mehr dieser Positionen vorliegen.

Nebenwirkungen

Sicherheit und Verträglichkeit von Lopinavir in einzelnen und mehrfachen Dosen bzw. in Kombination mit Ritonavir wurden bei etwa 290 HIV-negativen Probanden und in  Studien bei HIV-PatientInnen evaluiert.  Die häufigsten klinischen Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden, Durchfall, Kopfschmerzen und Hautausschlag. Im Labor werden zT. massiv erhöhte Werte für Triglyzeride und Cholesterin gemessen, daneben finden sich erhöhte Leberfunktionsteste sowie gelegentlich ein erhöhtes TSH bei unveränderten Thyroxin-Konzentrationen.

Interaktionen

Lopinavir, die anderen Proteaseinhibitoren und die Nicht-Nukleosidanloga RT-Hemmer werden in der Leber über das Cytochrom P450-System abgebaut. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Substanzen, sogenannte Interaktionen, sind vor allem dann zu erwarten, wenn diese dasselbe Enzymsystem benutzen. Das Resultat dieser Wechselwirkungen sind häufig zu hohe oder zu niedrige Blutspiegel von Lopinavir und/oder der anderen eingenommenen Substanz. Einzelne Interaktionen sind potentiell lebensbedrohlich. Zu hohe Blutspiegel führen unter Umständen zu Nebenwirkungen, zu tiefe Blutspiegel zum Verlust der Wirksamkeit.
Lopinavir darf nicht zusammen mit folgenden Substanzen eingenommen werden: Antiarrythmika: Flecainid Propafenon; Antihistaminika: Astemizol, Terfenadin; Ergotamin(derivate): (Di-)Hihydroergotamin, Ergonovin, Ergotamin, Methylergonovin; Gastrokinetika: Cisaprid; Lipidsenker: Lovastatin, Simvastatin; Neuroleptika: Pimozid; Pflanzenprodukte: Hyperikum-Präparate; Tuberkulostatika: Rifampicin; Sedativa/Hypnotika: Midazolam, Triazolam. Bei verschiedenen anderen Medikamenten (inkl. solchen zur Behandlung von HIV) muss die Dosierung angepasst werden! Siehe US-Packungsbeilage und Tabelle .

Lagerungsvorschriften

Lopinavir ist erhältlich als Tabletten à 200/50mg und 100/25mg (geeignet für Kinder) und als Sirup 80/20 mg/ml. Die Tabletten können bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Der Sirup muss grundsätzlich im Kühlschrank bei einer Temperatur zwischen 2 und 8°C gelagert werden.

Dosierung

Lopinavir/r wird zusammen mit Nukleosidanaloga RT-Hemmern in einer Dosierung von 2 x 400/100 mg (2 x 2 Tabletten oder 2 x 5 ml) eingenommen. Bei bisher unbehandelten PatientInnen (empfindliche, antiretroviral naive Viren) oder PatientInnen ohne vorgängigem Therapieversagen mit einer PI- oder NNRTI-Intoleranz (empfindliche, antiretroviral "naive" Viren) ist auch eine einmaltägliche Dosierung von 1 x 800/ 200mg  (1 x 4 Tabletten) möglich [siehe Kommentar]. Die Tabletten können unabhängig von einer Mahlzeit eingenommen werden; der Sirup ist zusammen mit einer Mahlzeit/Snack einzunehmen.
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Efavirenz ist die Lopinavir/r-Dosierung grundsätzlich auf 2 x 500/125 mg pro Tag zu erhöhen; dies gilt auch für eine gleichzeitige Behandlung mit Nevirapin im Falle einer Salvage-Therapie nach Versagen einer PI-Therapie oder bei Hinweisen auf eine verminderte Empfindlichkeit aufgrund geno- oder phänotyopischer Resistenztests. Die Messung von medikamentenkonzentrationen im Blut sind empfohlen. 

Bei Kindern ab 6 Monaten beträgt die Dosierung 2 x 230/57.5 mg/m² (Maximaldosis 2 x 400/100 mg). Bei gleichzeitiger Behandlung mit Efavirenz ist die Lopinavir/r-Dosierung immer auf 2 x 300/75 mg/m² (Maximaldosis 2 x 500/125 mg) pro Tag zu erhöhen; dies gilt auch für eine gleichzeitige Behandlung mit Nevirapin im Falle einer Salvage-Therapie nach Versagen einer PI-Therapie oder bei Hinweisen auf eine verminderte Empfindlichkeit aufgrund geno- oder phänotyopischer Resistenztests. 

Kommentar

Die Entwicklung von Lopinavir/r basiert auf der Beobachtung dass die ersten zugelassenen Proteaseinhibitoren, eingenommen in der empfohlenen Dosierung, vor allem gegen Ende des Dosierungsintervalls (Talspiegel) bei vielen Menschen zu ungenügenden Blutspiegeln führen. Im Gegensatz dazu resultiert die Einnahme von Lopinavir/r 2 x 400/100 mg pro Tag in vergleichsweise "extrem" hohen Lopinavir-Spiegeln; Ritonavir wird in der Kombination lediglich zur Verbesserung der Pharmakokinetik eingesetzt.
Letztlich scheinen dieselben Resistenzmutationen wie bei anderen Proteaseinhiboren zu einer verminderten Empfindlichkeit beizutragen. Für eine Resistenz scheinen jedoch 6 oder mehr verschiedene Mutationen notwendig zu sein. Die beste Wirksamkeit zeigt die Substanz denn auch bei bisher unbehandelten PatientInnen. Aber auch bei vorbehandelten PatientInnen, insbesondere bei solchen, die zuvor nie mit einem NNRTI behandelt wurden, sind die Resultate eindrücklich.
Die subjektive Tolerabilität der Substanz ist gut; erwähnenswert ist jedoch der vergleichsweise ausgeprägte Effekt auf die Blutfettwerte.
Werden die Daten der Studie 418  (siehe oben) mit den Ergebnissen der Studie 048 (Pilotstudie zur einmaltäglichen Dosierung) kombiniert, dann ergeben sich bei der zweimaltäglichen Dosierung von LPV/r inhibitorische Quotienten von gut 90 und bei der Einmaldosis solche von knapp 50 - was immer noch relativ hoch ist -, allerdings bei einer grossen interindividuellen Variabilität. Aufgrund der vergleichbaren Wirksamkeit bei bisher unbehandelten PatientInnen ist eine einmaltägliche Dosierung von LPV/r  bei bisher unbehandelten PatientInnen möglich, wenn nicht gleichzeitig Substanzen eingesetzt werden, welche die Konzentrationen von LPV/r (potentiell) erniedrigen. Eine erhöhte Durchfallrate und die Notwendigkeit der Einnahme von 4 Tabletten Lopinavir/r müssen dabei allerdings in Kauf genommen werden.
Voraussetzung für einen erfolgreichen Ersatz von Lopinavir/r durch einen andere Substanz ist eine funktionierende Begleitmedikation. Dies zeigen eindrücklich die Switchmrk Studien. Ist dies nicht sicher gewährleistet, darf nicht von einer Substanz mit einer hohen genetischen Barriere (z.B. Lopinavir/r) auf eine Substanz mit einer niedrigeren genetischen Barriere (z.B. Raltegravir, Efavirenz) gewechselt werden. Bei funktionierender Begleitmedikation, und nur dann, ist ein Wechsel wegen potentieller Nebenwirkungen 
wie eine Hypercholesterinämie möglich.


Literatur

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  • Last update  19.04.2010